Spaziergang über den Weißenfelser Friedhof

DSC02222Letzten Donnerstag haben wir das schöne Wetter genutzt, um durch den Weißenfelser Friedhof zu lustwandeln und den Gräbern von mehr oder weniger berühmten Weißenfelser Persönlichkeiten einen Besuch abzustatten. Als erstes waren wir am Grab vom berühmten Orgelbauer Friedrich Ladegast und seiner Frau Bertha. Friedrich Ladegast wurde 1818 in Hermsdorf in der Nähe der Stadt Geringswalde in Sachsen geboren.Im Jahr 1846 beantragte er in Weißenfels die Niederlassung als Orgelbauer und Instrumentenmacher, die ihm Anfang 1847 genehmigt wurde. Zu seinen bekanntesten  Orgeln gehört unter anderem die Merseburger Domorgel, ein Werk mit 81 Registern auf 4 Manualen und Pedal. Dieses Werk inspirierte Franz Liszt zu einigen seiner großen Orgelwerke. Auch für die Leipziger Nikolaikirche baute er die Orgel. Diese wurde 1862 vollendet und galt damals als die größte Orgel Sachsens. Zwei Jahre später baute Ladegast im Auftrag des Magistrats der Stadt Weißenfels für die Stadtkirche St. Marien eine dreimanualige Orgel mit 41 Registern. Sie ist sein ältestes erhaltenes dreimanualiges Werk. Im gleichen Jahr wurde eine dreimanualige Orgel für die Schlosskirche in Wittenberg fertiggestellt. Insgesamt schuf Friedrich Ladegast über 120 Neu- und Umbauten von Orgeln, ein paar gingen auch in das russische Reich und die USA. Nach dem Tod seiner Frau 1892 zog sich Friedrich Ladegast aus der Öffentlichkeit zurück. Die Leitung der Firma übergab er 1898 endgültig seinem Sohn Oskar Ladegast.  Nach einem Schlaganfall wurde Friedrich Ladegast von seiner Tochter Elisabeth liebevoll gepflegt und starb am 30. Juni 1905. DSC02223

Von Ladegasts Grab aus sind wir zum Grab der Louise von François gewatschelt. Sie gehört zu den wenigen Schriftstellerinnen des 19. Jahrhunderts, die zu Lebzeiten sowohl beim Publikum als auch bei  Schriftstellerkollegen Anerkennung gefunden hat.  Im Alter von 5 Jahren zog sie mit ihrer Familie nach Weißenfels und verbrachte dort den Großteil ihres Lebens. Erste literarische Anregungen erhielt sie durch Fanny Tranow und Adolf Müllner. Ihre schriftstellerische Laufbahn begann sie mit kleineren Novellen, die im Cottaschen Morgenblatt für gebildete Stände anonym veröffentlicht wurden. Nachdem ihr Vormund das väterliche Vermögen veruntreut hatte, lebt sie vom Schreiben. Ihre Geschichten aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zeigen die genaue Beobachterin. In Weißenfels verfasste sie ihr Hauptwerk Die letzte Reckenburgerin. Hierbei handelt es sich um einen Familienroman, der von Seiten der Kritik mit der größten Anerkennung aufgenommen wurde. Im Alter von 76 Jahren starb sie nach kurzer Krankheit in Weißenfels. DSC02224Das dritte Grab, dem wir einen Besuch abstatteten war das von Alfred Junge, dem ersten Leiter des Städtischen Museums in Weißenfels. Dieser wurde 1860 in Hamburg geboren. Nach seinem Studium der Rechtswissenschaft in Leipzig, ließ er sich 1890 in Weißenfels als Rechtsanwalt nieder und eröffnete eine Praxis. Seit dem Jahr 1902 ist Alfred Junge Vorstandsmitglied des Vereins für Natur- und Altertumskunde. Im Jahr 1910 wurde im St. Clarenkloster das Museum eröffnet. Alfred Junge wurde als ehrenamtlicher Leiter eingesetzt. Für die Erweiterung der Sammlung nahm er weite Reisen auf sich. Immer wieder fand er wohlhabende Gönner, die große Summen für teure Anschaffungen spendeten. Ein besonderer Tag war für ihn die 25-jährige Gedenkfeier der Museumsgründunge, bei der vom Oberbürgermeister besonders geehrt wurde. Kurze Zeit danach strab er nach längerer Krankheit. DSC02225Von hier aus, sind wir zum Grab von Leopold Kell gelaufen. Dieser wurde 1813 in Weißenfels geboren. Er übernahm von seinem Vater die Buchdruckerei und entwickelte das Tageblatt weiter, sodass er „in dankbarer Anerkennung für seine dem städtischen Gemeinwesen ersprießlichen Dienste“ zum Ehrenbürger der Stadt ernannt wurde. Nach seinem Tod im Jahr 1882 ging der Besitz und damit die Zeitung an seine Tochter über, die dafür sorgte, dass der Leser- und Freundeskreis wesentlich erweitert werden konnte.DSC02226

Anschließend sind wir zum Grab von Moritz Hill gewatschelt. Dieser wird als einer der Väter der Gebärdensprache angesehen. Er wurde 1805 in Reichenbach im Eulengebirge geboren. Nach seinem Studium, das er unter anderem in Leipzig absolvierte, war er ab dem Jahr 1830 Leiter der Taubstummenanstalt in Weißenfels. Diese war erst im Jägerhof und später in der Langedorfer Straße untergebracht. Hill war ein Vorreiter in seiner Form der Sprachartikulation und des Taubstummenunterichts und folgte den neuen Ansätzen der Pädagogik. So setzte er Erkenntnisse aus der Sprachphilosophie Humboldts und der Sprachlehre Karl Ferdinand Beckers um. Außerdem verfasste er ein Vielzahl an Lehrbüchern, die auch heute noch oft gebraucht werden. DSC02227

Direkt neben dem Grab von Moritz Hill ist das Grab von August Schorn. Leider haben wir nicht wirklich etwas über ihn herausgefunden, außer dass er königlicher Leiter des Lehrerseminars in Weißenfels war. Sein bekanntestes Werk ist wohl „Geschichte der Pädagogik in Bildern und Vorbildern“, das erstmals im Jahr 1873 erschienen ist. Auch über Rudolph Götze haben wir nichts genaueres herausgefunden. Auf seinem Grabstein steht nur, dass er ein Ehrenbürger der Stadt Weißenfels war. DSC02229

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

DSC02233Als letztes waren wir am Grab von Ernst Hentschel. Dabei sei noch angemerkt, dass sich sein Grab außerhalb der heutigen Friedhofsmauern befindet. Hentschel wurde 1804 in Zodel geboren. Seine erste musikalische Ausbildung bekam er von seinem Großvater, der Kantor in Hohberg in Langenwaldau bei Liegnitz (heutiges Polen) war. Im Jahr 1817 wurde er am Lehrerseminar in Kroitzsch aufgenommen. 1822 wechselte er an das Lehrerseminar in Bunzlau. Im gleichen Jahr wurde ihm eine Stelle als Hilfslehrer in Weißenfels angeboten. Im Sommer 1823 reiste er auf Staatskosten nach Berlin. Dort nahm er bei Carl Friedrich Zelter Gesangsunterricht und bei Johannes Bernhard Logier Harmonieunterricht. Ein Jahr später wurde er Dozent am Lehrerseminar in Weißenfels. In gewisser Weise schließt sich hier auch der Kreis unseres Rundgangs, denn Ernst Hentschel verband mit Friedrich Ladegast eine langjährige Freundschaft und war auch der Taufpate seiner Kinder.

Das war es von unserem Rundgang. Er war für uns sehr lehrreich, denn wir wussten vorher überhaupt nicht, wie viele Persönlichkeiten in Weißenfels gewirkt haben.

 

 

 

 

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